Lebenszeichen

Dieses Blog ist nicht tot. Doch wenn es so weitergeht wie in den vergangenen Wochen, dann droht mir selbst das Ende durch Schuljahres- und Kindergartenendphasenterminterrorismus. Seit Tagen geht das nun schon so: Kurz vor den Sommerferien wird nochmal so richtig Gas gegeben. Im Kindergarten, Schule und Hort jagt ein Sommerfest bzw. Abschiedscafé das nächste.

Zahlreiche Abschiedsgeschenke müssen überlegt, organisiert, besorgt, eingepackt und überreicht werden. Das Geldeinsammeln in der Vorphase nicht zu vergessen. Blumensträuße dito. Meinungsverschiedenheiten mit überengagierten Eltern über die Art der Geschenke und den zu beschenkenden Personenkreis eingeschlossen. Ich erinnere mich mit Bauchgrimmen an den sich mehrere Wochen hinziehenden Disput mit einer Mutter aus der Krippengruppe meiner kleinen Tochter, ob denn nun ein- oder gleich zweimal im Jahr für das pädagogische Personal gesammelt werden solle, und wenn ja, ob man einen festen Betrag vorgeben solle oder nicht und so weiter und so fort.

Die Krönung sind selbstverständlich die selbstgestalteten Abschiedgeschenke der ausscheidenden Kindergarten- bzw. Schulkinder. Meine Kinder machen so etwas leider nur auf den letzten Drücker bzw. wenn ich dabei hinter ihnen stehe und pädagogisch äußerst fragwürdige Drohungen ausstoße. (Nun ja, wenn sie dann mal wirklich dabei sind, dann entstehen doch ganz schöne Werke…)

Die Elternschaft teilt sich hier übrigens generell in zwei Lager: Das eine macht grundsätzlich nichts und stellt sich einfach tot, frei nach dem Motto: Wer sich als erster bewegt, der hat verloren. Ich arbeite seit Jahren daran, auch zu dieser schweigenden Mehrheit zu gehören, denn sie sind fein raus und müssen eigentlich nur noch etwas in den Spendenstrumpf stecken. Leider scheine ich aber per se zum zweiten Lager zu gehören, das sich aus Empathie (in meinem Fall), aus Profilierungswahn oder aus sonstigen Gründen eben angesprochen fühlt beziehungsweise dem Druck irgendwann nicht mehr standhält und etwas fürs Personal organisiert.

Wenn man ganz großes Pech hat – wie wir – dann darf man auch quasi parallel die Sommerfeste der „neuen“ Einrichtungen besuchen. Hatte ich schon erwähnt, dass wir drei Kinder haben? Nun, in diesem Jahr hat es sich so ergeben, dass der große Sohn ins Gymnasium wechselt und der mittlere eingeschult wird. Übrigens finden diese beiden Events selbstverständlich am selben Tag und zur exakt gleich Uhrzeit statt, nur leider rund drei Kilometer voneinander entfernt. Mein Mann und ich müssen uns also aufteilen und haben noch die Großeltern als Verstärkung angefordert. Aber das ist ja erst in sechs Wochen… schnauf.

Diesem Umstand ist es aber zu verdanken, dass wir in diesem Jahr ein wahres Feuerwerk an emotionalen Abschieden und Neuanfängen erleben dürfen. Ein kleiner Auszug aus unserem Familienkalender der letzten Tage: Übernachtung der Vorschulkinder im Kindergarten mit anschließenden Elternfrühstück am Samstag um 8 Uhr. Nachmittägliches Elterncafé in der Krippengruppe. Übernachtung der Hortkinder mit anschließendem Elternfrühstück am Samstag um 8:30 Uhr. Sommerfest im Montessorihort am Freitagabend um 19 Uhr. Sommerfest im Gymnasium am Donnerstag um 15 Uhr. Verabschiedung der Grundschullehrerin im Biergarten am Montag um 15 Uhr…  Das Elterncafé m Kindergarten habe ich wegen Doppelbelegung abgesagt, man muss eben Prioritäten setzen.

Inzwischen ist es August, der Wahnsinn hat ein Ende. Ich sitze abends auf der Terrasse und versuche mich etwas zu entspannen, bevor in sechs Wochen das Ganze wieder von vorne losgeht: Einschulung, Elternabende, Elternstammtische, St. Martinsfeste, Plätzchenbacken und Basteln in der Andventszeit und so weiter und so fort… Doch jetzt erst einmal: Erholsame Ferien!

Szenen dieser WM

Okeeh… nachdem das Feedback auf meinen letzten Post nur verhalten war, nämlich 2 Likes auf Facebook, 1 Like direkt auf dem Blog und 0 Kommentare, also wie immer eigentlich ;-), habe ich erkannt: Gutes Thema, aber falscher Zeitpunkt!

Deshalb geht es heute endlich um die wirklich wichtigen Themen: Und das kann natürlich nur die WM 2014 sein!

Obiger Brief erreichte uns heute aus dem Schullandheim.

Dampfschifffahrt mit drei „fff“, gar nicht so schlecht für einen Viertklässler, oder? Zu denken gibt mir aber die nüchtern-abgeklärte Einschätzung zum Spiel BRAGER – was soll man davon nun halten?

Weitere Szenen dieser WM spielen sich allmorgendlich in unserem Badezimmer ab: Der mittlere Sohn hat von wohlmeinenden Menschen ein fast original Trikot der deutschen Nationalelf geschenkt bekommen. Ich glaube, es wurde aus Thailand importiert, leider ohne Beflockung. Da dies aber das Wichtigste zu sein scheint, fand mehrmals beim morgendlichen Anziehen folgender Dialog statt: Er: „Ich will Müller! Da muss noch der Müller drauf! Ich bin doch der Müller!“ Ich: „Aber da müssen wir erst mal ins Geschäft gehen, wo dann die Schrift draufgemacht wird…“ Er: „Aber ich bin doch der Müüüllller!“ Und so weiter und so fort…

Ich bezweifle ganz stark, dass das besagte Geschäft auch „fast“ originale Trikots beflockt, jedenfalls habe ich keinen besonderen Ehrgeiz, das noch vor Ende dieser WM herauszufinden. Und danach werden wir sehen. Eltern können schon gemein sein, oder?

In diesem Sinne: Ich wünsche Euch allen also ein tolles Fußballwochenende! Möge der Bessere gewinnen…

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Die neuen Väter – sie sind unter uns…

Meine Familie und ich, wir leben – wie vielleicht schon in einem früheren Blogbeitrag anklang – in einer süddeutschen „Großstadt“, die sich ganz dem Motto „Laptop und Lederhose“ verschrieben hat. Nach den Studienjahren in Berlin (zu Zeiten, als der Potsdamer Platz noch nicht mal einen Baustelle war, ha!) hat es uns in die Metropole des Fußballs, des Oktoberfestes und des Mia-San-Mia-Gefühls verschlagen – des schnöden Jobs wegen, schon klar.

Nun ist es aber so, dass in München – und speziell in unserem Stadtteil – schon seit Jahren eine absolute Sonderkonjunktur herrscht,  was die Geburtenrate angeht. Ich glaube (ohne das jetzt akribisch recherchiert zu haben), da kann noch nicht mal mehr der Prenzlberg mithalten. Ich erkläre mir das so: Die Leute hier haben (oft) gute Jobs und in einer gewissen gutbürgerlichen Klientel gehören das dritte oder sogar vierte (!) Kind mittlerweile zu den Statussymbolen wie etwa der Porsche Cayenne. Mal so ganz böse gesagt, nun ja.

Wie dem auch sei: Eigentlich wollte ich ja was über die neuen Väter schreiben…!? In meinem direkten Umfeld mache ich nämlich jeden Morgen erstaunliche Beobachtungen, die mich glauben lassen, dass entweder die Medienberichterstattung von der Realität inzwischen links überholt wurde, oder die nur den Rückschluss zulassen, dass wir hier in einer nicht repräsentativen („Wohlstand“-)Blase leben.

Jeden Morgen  bekomme ich jedenfalls einen Spiegel vorgehalten, wie sich ein junger Vater etwa auf einem Spielplatz mit seinem Kleinkind fühlen mag – allein unter Müttern. Es ist 8:30, ich ziehe meiner Tochter an der Garderobe ihrer Kinderkrippe gerade Jacke und Schuhe aus. Den Vater der kleinen K. habe ich schon mit kurzem Kopfnicken begrüßt, an der Tür zum Gruppenraum stehen die Väter  des N. und des W. schon Schlange, um ihre Kinder abzuliefern. Ich konzentriere mich gerade darauf, meiner Tochter die Socken in den Hausschuhen zurecht zu zupfen, als ich hinter mir ein Gespräch über die Bundesliga mitbekomme. Verpasste Torchancen, mögliche Spielertransfers, Auf- und Abstiegskandidaten werden durchgehechelt. Ich muss grinsen und schaue mich um: Bin ich hier eigentlich die einzige Frau? Bin ich. Und das ist gut so.

Die Väter-Bring-Quote ist in unserer Krippengruppe sensationell hoch: Ich würde sagen, an guten Tagen nahezu 90 Prozent (klar, ich versaue da die Statistik). Und auch in der Kindergartengruppe meines mittleren Sohnes beträgt die Quote  immerhin noch rund 40 Prozent. Echt baff war ich neulich dann aber, als ich mit dem Vater der zweijährigen T. ein detailliertes Gespräch darüber führte, in welchem Geschäft (!) er (!!) die Schuhe seiner Tochter meistens (!!!) kauft. Tja, sowas sollte eigentlich normal sein, oder?

Beim Abholen relativiert sich das Bild allerdings wieder, denn nun sind fast nur noch Mütter anzutreffen, bis auf ein oder zwei freiberuflich tätige Väter. Denn das ist auch hier die Realität: Die Väter sind mit Vollzeitjob in der Haupt-Ernährerrolle und die Mütter gehen zwar fast alle arbeiten, aber ich kenne nur wenige Ausnahmen, die nach 15 Uhr eher im Büro als auf dem Spielplatz  anzutreffen sind. Und beim Schultütenbasteln habe ich heute übrigens keinen einzigen Vater oder Opa beobachtet. Insofern also: Doch noch alles beim Alten, oder?

Wenn ich es genau überlege kenne ich nur zwei Paare, die sich die Erziehungs-, Haus- und Erwerbsarbeit nahezu gleichberechtigt aufgeteilt haben. Und im einen Fall war es sicher auch keine bewusste Aufteilung, sondern eher die Macht des Faktischen, weil  nicht immer beide einen Job hatten und deshalb ein Rollentausch naheliegend war.

Wie seht ihr das, kennt ihr Paare, die das gut hinbekommen? Und wie lebt ihr das in der eigenen Familie bzw. Partnerschaft?

 

 

 

Eine Frage des Stils

Der älteste Sohn ächzt über den Hausaufgaben. Ein Aufsatz über die Ferienerlebnisse ist gefragt. Solche unliebsamen Aufgaben schiebt unser Grundschüler gerne bis zum Abend vor sich her. „Der Papa soll mir helfen, der ist für Deutsch zuständig, du kannst besser Mathe“, heißt es zur Begründung. Der wahre Grund ist natürlich, dass der Papa einfach später heimkommt und man dann die unliebsame Aufgabe noch ein wenig länger vor sich her schieben kann…

Aber endlich und tatsächlich sitzt der Sohn also vor dem berühmten leeren Blatt am Schreibtisch und stöhnt. „Mir fällt nichts aaahaain!“ Nachdem zahlreiche Anregungen väterlicherseits („die Tropfsteinhöhle, das Gewitter am Strand, die nächtliche Überfahrt mit der Fähre!!!“) nur mit erneutem Stöhnen beantwortet wurden, schaue ich auf das Blatt. Dort steht ein einziger Einleitungssatz: „Am ersten Ferientag sind wir mit dem Auto zur Fähre gefahren.“

Ich wiederhole diverse Ideen, aufschreiben muss er das alles allerdings ganz höchst selbst und persönlich. Wäre ja nochmal schöner. Mein Sohn hört meinen Vorschlägen zu und schaut mich dann zweifelnd an: „Mama, das passt jetzt gar nicht. Du hast einen ganz anderen Stil als Papa.“

Den Aufsatz hat er dann schlussendlich doch noch alleine geschrieben. Und ich habe meine Lektion auch gelernt.

Sardegna!!!

Urlaub auf Sardinien. In der Beschreibung zum Ferienhaus stand: 300 Meter zum Strand, 900 Meter zum Einkaufen. Großer, schöner Garten mit Grillplatz, drei Schlafzimmer, Waschmaschine. Und es ist alles genau so, einfach perfekt!

Zu Fuß jeden Tag zum Strand, dort den blau-weißen Schirm aufgestellt. Hinter uns das kleine Ristorante mit Pizza, Eis, Caffe. Plantschen im blauen Meer, die Jungs führen Krieg auf ihren Luftmatratzen. Um uns herum ein paar Italiener, auch andere Deutsche, meist mit Kindern, aber man hat Platz.

Wir sind in einem kleinen Badeort an der Ostküste, unser Häuschen ist in einer veritablen Wochenendhaussiedlung: Von Freitag bis Sonntag kommen die Einheimischen, Grillen und Lachen in ihren Gärten. Unter der Woche sind die wenigen deutschen Urlauber dann wieder unter sich.

Im Supermercato: Eine einzige Orgie aus Frutta, Verdure, Vino, Aperitivi, Pasta, Antipasti, Dolci. Und erst das Eis bei La Ginestra, der Gelateria ein paar Schritte weiter!

Pinienwälder und Bikini, der Italowahn ergreift wieder von mir Besitz. Ich fühle mich an meine Kindheit erinnert, nur besser. Kein Teutonengrill sondern das herb-schöne Sardinen. Keine Bettenburgen, sondern Strandhausidylle und paprähistorische Nuraghen.

Frühreif

Heute musste ich wirklich schmunzeln. Unsere kleine Tochter ist jetzt 2 Jahre, 4 Monate und 4 Tage alt. Und was machte das Kind allen Ernstes? Trickst mich vorsätzlich aus! Natürlich um an Süßigkeiten ranzukommen!! Und ich fall drauf rein (kurz)!!!

Wir sind in der Küche, Madame steht an der Schublade, DER Schublade, aus der sie letzte Woche bereits kleine Schokoherzchen geklaut hatte, die eigentlich als Back-Dekor gedacht sind. „Will Bananen“ (damit meint sie die Bananenchips, die dort auch mal ab und an lagern.) „Die sind leider alle“, gebe ich Auskunft. „Gehst Du mal die Fische kucken?“ meint sie darauf unvermittelt und fast automatisch trabe ich rüber ins Wohnzimmer, um einen Blick ins Aquarium zu werfen – doch auf halbem Weg wird mir schlagartig klar: Die trickst mich doch tatsächlich aus! Warum um Himmelswillen soll ich denn jetzt Fische kucken? Ist doch Quatsch!

Also zurück in die Küche, wo Madame sich auch schon an der hochinteressanten Schublade zu schaffen macht. Hah! Ertappt! Ich muss einfach schmunzeln. Und bin nicht nur baff sondern auch irgendwie stolz ob der Schlauheit dieses kleinen Menschens. Mit immerhin erst 2 Jahren…

„Aber keine Schokoherzen!“ sagt sie dann mit treuherzigem Blick zu mir hochblickend. Mein Mutterherz schmilzt.

Unsinniger Schlagabtausch

Ich bin in der Küche, bereite gerade das Abendessen vor. Aus dem Wohnzimmer höre ich Kinderstimmen, die kleine Tochter (2) und der mittlere Bruder (6) liefern sich einen Schlagabtausch. Ich will erst mahnend einschreiten und meine erzieherische Aufgabe wahrnehmen, da muss ich schmunzeln.
Er: „Hau ab, du Penner!“
Sie: „Au ab, du Ben-na!“ (Nachsagen ist ja immer eine prima Strategie).
Er: „Du bist ne Knallerbserin!“
Sie: „Ich bin ein… Vorstellung!“ (Ein neues, faszinierendes Wort, das sie gerade gelernt hat und nun in allen mögliche und unmöglichen Zusammenhängen benutzt).
Er: „…?“
Sie: „Bin Marienkäferfasching!!“ (Die Verkleidung vom Februar ist immer noch in lebhafter Erinnerung.)
Er: „Du bist verknallt in Marienkäfer!“
Sie: „Bin ein Löwe! Uääääh, uuuääh!“
Er (viel lauter): „Uuuuuuäääääähhhh!!!“
Sie (weint): „Wääääh!“
Ich (innerlich: „Oh Gott…“): „Abendessen ist fertig! „

Was vom (Mutter-) Tage übrigblieb…

… ist ein Neuzugang in unserem Eingangsbereich. Ein super-stylishes DIY-Schlüsselbrett mit einem handgemaltem Seestück „Piratenüberfall“.
Muttertag
Ich hatte mich schon immer mal mit dem Gedanken getragen, ein smart designtes Schlüsselbrett zu erwerben. Jetzt haben wir das hier und – hey, es ist perfekt! Und nicht nur das: Seht ihr das rote Herz, das da mitsamt Autoschlüssel am Schlüsselbrett baumelt? Wir können jetzt über Design streiten. Aber endlich habe ich ein „Objekt“, das unseren Autoschlüssel wieder auffindbar macht! Ha!

Lost Highway – Oder: Bitte wenn möglich wenden!

Es stimmt wohl: Die letzten echten Abenteuer auf dieser Welt erlebt man nicht in der Wüste Gobi, dem Amazonas oder auf dem Mount Everest – sondern im eigenen Auto auf dem Weg von A nach B, sofern man ein oder mehrere Navis dabei benutzt. Da schließe ich mich Herrn Buddenbohm gerne an.

Jedenfalls fühlte ich mich exakt so, als ich nach meiner letzten Autotour in das städtische Umland endlich wieder glücklich in die heimische Tiefgarage einfahren konnte. In den rettenden Hafen sozusagen. Meine Reiseroute war zwar ambitioniert, aber eigentlich machbar gewesen: Zum Schulranzen-Outlet betrug die reine Fahrtzeit laut Google Maps exakt 26 Minuten. Vor Ort kalkulierte ich dann maximal eine Stunde Powershopping ein (zwei Schulranzen für meine zwei Schulkinder), länger würden weder ich noch meine Kinder es in einem solchen Geschäft nicht aushalten. Dann wieder rein ins Auto und schnurstracks nach Hause – und damit hätte ich dieses Zeitfenster in den Osterferien optimal ausgenutzt. Denn keine Frage: Den eigenen Schulranzen sollte sich ein Kind schon selbst auswählen, und dazu waren dies eben die optimale Gelegenheit.

Laut meiner etwas sportlichen Planung durfte also kein Fehler passieren, sprich: keinerlei Abweichen von der Route! Im Auto programmierte ich deshalb zunächst das Navi – sicher ist sicher – und wir fuhren los. Es kam, wie es kommen musste: Schon an der ersten Ampel traten erste Interessenskonflikte zwischen meinem Orientierungssinn und der Technik auf. Das Navi schickte mich geradeaus auf die Autobahn, ich hatte mir vorher beim Blick auf Goolgemaps aber die Alternativroute über die Landstraße eingeprägt, und das bedeutet eigentlich rechts abbiegen. Die Einstellung „Autobahn ignorieren“ hatte ich deshalb extra im Navi deaktiviert, dachte ich wenigsten… Sei’s drum. Während die Ampel auf rot stand entschied ich mich für den vermeintlich sicheren Vorschlag der Technik und ließ mich also über die Autobahn und später mit zunehmend mulmigerem Gefühl auch durch ein zersiedeltes Gewerbegebiet „führen“. Der permanente Kontrollblick auf die Uhr verhieß nichts Gutes: In 5 Minuten lief das Zeitfenster für die Anreise ab, aber immer noch tauchten nagelneue Baumärkte und Küchenstudios neben uns auf. Ich gestand mir ein, dass ich jegliche Orientierung verloren hatte und fing an, stumm zu beten. „Wann sind wir da?“ fragten die Kinder. „In fünf Minuten“, flötete ich und umklammerte das Steuer fester.

Doch es kam noch anders: „Demnächst rechts abbiegen“, verhieß die freundliche Frauenstimme. Kurz darauf befahl sie dann: „Jetzt abbiegen!“ Das hätte ich auch gern gemacht, aber anscheinend hatte die Kommune Geld für eine neue Umgehungsstraße übrig gehabt und deshalb eine nagelneue Brückenausfahrt gebaut. Im Rückspiegel sah ich die neu gebaute Ausfahrt langsam kleiner werden – sie führte nach links, da hier nun eine Brücke war. Die frisch geteerte Straße bot leider keine Möglichkeit mehr, abzubiegen. „Bitte wenn möglich wenden“ tönte es umgehend aus dem Navi. Verzweifelt blickte ich durch die Windschutzscheibe auf eine schnurgerade Landstraße, die keinerlei Wendemöglichkeiten bot. „Da hätten wir raus müssen!“ meinten die Kinder zu allem Überfluss von hinten. „Ich weiß, keine Panik, wir schaffen das schon“, antwortete ich mit Panik in der Stimme. „GLEICH sind wir da, seht ihr, da drüben ist schon der Ort, wir müssen nur noch WENDEN.“ Bedrücktes Schweigen von auf der Rückbank – die beiden spürten, dass die Lage ernst war.

Da plötzlich erschien einige Meter vor uns rechts eine kleine Einfahrt zu einem Feldweg. Jetzt oder nie! Ich ergriff kaltblütig die Gelegenheit zu einer nicht verkehrsgerechten Wende. Vor meinem inneren Auge sah ich schon die Schlagzeilen in der Lokalzeitung: „Auf dem Weg zum Schulranzenkauf: Mutter fährt Kinder in den Tod!“ während ich auf eine Verkehrslücke wartete, um wieder auf die Straße zu kommen. Jetzt nur keinen Fehler machen! Als wir schließlich wieder in entgegengesetzter Richtung unterwegs waren kam von hinten sogar Applaus „Super Mama!“. Na bitte.

Die restliche Route bis zum Schulranzenoutlet vertraute ich dann meinem erfahrenen, auf Verkehrsschilder trainierten Autofahrerblick und meinem – ja! – Instinkt. Wir kamen mit einer Toleranzgrenze von 10 Minuten Verspätung in dem Geschäft an und brauchten für den Kauf zweier Schulranzen inklusive Anprobe plus Motivauswahl rekordverdächtige 45 Minuten.

Jetzt hieß es nur noch, den Heimweg antreten. Da ich von meiner Technikgläubigkeit immer noch nicht kuriert war, schaltete ich wieder das Navi an und drückte die „Home“-Taste. Da konnte doch jetzt wohl nichts mehr schiefgehen, oder? Was soll ich sagen – nachdem das Ding uns mehrfach zum Abbiegen aufforderte, obwohl das Verkehrsschild für unsere Zielstadt „geradeaus“ anzeigte, drückte ich auf den „Aus“-Schalter und drehte die Musik lauter. Zum Glück erkannte ich irgendwann die Autobahn von der Hinfahrt wieder. Wir kamen pünktlich zuhause an.

Generell führt die Navi-Nutzung bei meinem Mann und mir zu seltsamem, ehekonfliktförderndem Verhalten: Ich erinnere mich, wie wir eine nur rund 5 km entfernt wohnende Freundin letztlich mit großer Verspätung erreichten, da mein Mann stur das Navi nutzte und damit direkt im Stau hängenblieb, während ich ihn erst freundlich, dann zunehmend unfreundlicher Ratschläge vom Beifahrersitz gab – meine Route wäre ganz klar staufrei gewesen, weil ich mich da eben auskannte. Nie vergessen werden wir wohl beide, wie wir in unserem Umbrienurlaub vor zwei Jahren nachts – auf dem Weg zu unserem Übernachtungshotel auf der Strecke – die richtige Ausfahrt im italienischen Kreisverkehr verpassten und anschließend orientierungslos und fluchend durchs dunkles Vorstadtgewirr irrten: Er am Steuer, ich mit meinem Smartphone in der Hand Kommandos gebend, wir beide schweißgebadet. Diese Szene wiederholte sich in besagtem Urlaub noch mehrmals, da unser Auto-Navi praktischerweise nur deutsche Strecken abgespeichert hat und das Handy meines Mannes zwar ein GPS-Navi, aber dafür nicht immer Empfang hatte. Ich griff dann bei Bedarf zum dritten Gerät, meinem Smartphone, und holte mir bei Googlemaps teuren Rat (ächz, die Roaminggebühren…)

Was soll ich sagen: Ich verlasse mich eher ungern ausschließlich auf das Navi und schaue mir vorher lieber eine Karte an. Denn was man im Kopf hat… In diesem Sinne: Euch allen stets gute Fahrt!

Trainingseffekt – zunichte gemacht

Mein Abend heute in Zahlen:

19:10 Uhr – Einchecken im Fitness-Studio. Gerätetraining: 120 Kalorien verbraucht. Cardiotraining am Stepper: 200 Kalorien verbraucht. Danach Schwitzen in der Sauna: Geschätzter Kalorienverbrauch rund 100. Macht in der Summe: 420 Kalorien minus. Gefühlter Zustand: Fit und schlank.

21:30 Uhr – Ankunft zuhause. Spaghetti Pesto: mindestens 300 Kalorien. Zwei Gläser Rotwein: je 150 Kalorien, mal so geschätzt… Und der Burner: Ein Riegel dunkle Lindt-Schokolade, gefüllt mit Heldelbeer-Lavendel. Kalorien: mmmh?!
Macht in der Summe: so rund 800 Kalorien plus. Gefühlter Zustand: Fett und faul.